KINDER ! WAGEN e.V.

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Begriffsbestimmung

 

Seit dem 16.Jahrhundert sind Gefährte bekannt, die als Transportmittel für Kinder genutzt wurden. Sehr unterschiedliche Anwendungsanforderungen führten zu einer großen Formvielfalt der Wagen. Sowohl Kinderkutschen, die von Eseln, Ziegen oder Hunden gezogen wurden, als auch einfache Holzziehwagen fanden schon früh Verwendung. Doch ausgehend vom heutigem Verständnis des Kinderwagens müssen wir die Entstehung dieses Objekts in der Mitte des 19. Jahrhunderts ansiedeln. Mit der folgenden Aussage wird den Besuchern des Kinderwagenmuseums in Zeitz die Erklärung für die Definition des Wortes Kinderwagen geliefert: „Setzen wir heutige Maßstäbe an, ist der Kinderwagen ein industriell gefertigtes Fahrzeug, das ausschließlich dem Transport von Kleinst- und Kleinkinder im Liegen und im Freien dient sowie allgemein gebräuchlich ist. Wir unterscheiden heute eindeutig zwischen Kinderwagen und Sportwagen. Letzterer wird für Kinder benutzt, die schon sitzen können. Die unmittelbaren Vorläufer dieser beiden grundsätzlichen Wagentypen in der Geschichte sind die fahrbare Korbwiege, der Stubenwagen, Fahrstühle und Schiebekarren.“6

Der Kinderwagen, wie wir ihn heute kennen, stellt ein Ergebnis vieler Veränderungen dar. Seit der Zeit der Industrialisierung vollzogen sich vielerlei Wandlungen im Erscheinungsbild des Kinderwagens, hervorgerufen durch zeitgenössische Modeerscheinungen und technische Fortschritte.

Die veränderten Lebensbedingungen während der industriellen Revolution führten zu Erneuerungen im Rollenverständnis der Frau in Familie und Gesellschaft. Besonders in Arbeiterfamilien war es nötig, dass Frauen, die gleichzeitig Mütter waren, zusätzlich Geld verdienen mussten, um die Familie mit ernähren zu können.

Der Erfolg der bahnbrechenden Erfindung des Kinderwagens ist deshalb desto mehr zu würdigen, da so manches Alltagsproblem gelöst werden konnte oder zumindest durch Erleichterungen gekennzeichnet war.

Als Fahrzeug auf vier Rädern, ähnelte der Kinderwagen durchaus einem zeitgenössischem Fuhrwerk, später einer „Kutsche mit Motor“, dem Automobil. Nicht umsonst wurde der Kinderwagen auch als „Auto der Kleinsten“ verstanden. So ist auch zu erklären, warum Kinderwagen anfangs als Straßenfahrzeuge angesehen wurden.

Der niederländische Kinderwagensammler A. Wilming beschreibt in seinem Begleitheft die geltenden Vorschriften, die für vierrädrige Kinderwagen in vielen Städten zu trafen: Einerseits war das Benutzen des Bürgersteiges nicht gestattet und andererseits mussten Besitzer des Kinderwagens Steuern zahlen.7

In der englischen Sprache wurde diesem Mobil der Name „Perambulator“ gegeben, hinweisend auf den Vorteil eines solchen Fahrzeugs, der dem Benutzer Beweglichkeit beschafft, einen schnelleren Ortswechsel ermöglicht und somit für höhere Mobilität sorgte.

„Chariot a enfant“ wird der Kinderwagen in Frankreich genannt und leitet sich so aus

 

In den folgenden Überlegungen soll davon ausgegangen werden, dass der Kinderwagen im modernen Sinne, als in der Mitte des 19.Jahrhunderts entstandenes und industriell gefertigtes Fahrzeug für Kinder im Säuglings- und Kleinkindsalter definiert wird. Dieses Transportmittel ermöglicht, dass das Kind sowohl liegend als auch sitzend im Freien ausgefahren werden kann.


 

6 Begleitheft des Kinderwagenmuseums Zeitz, Zeitz, 1996, S.3/4

7 Anno Wilming: Broschüre des Kinderwagenmuseums in Dwingeloo